Stellungnahme des Verbandes der Österreichischen Universitätsprofessorinnen und -professoren zum Universitätsrechts-Änderungsgesetz
Präambel
Im Jahre 2002 wurde ein neues Universitätsgesetz beschlossen, welches 2004 in der Praxis erstmals zur Anwendung kam. Dieses Gesetz hat wichtige Änderungen in den gesetzlichen Grundlagen für die Arbeit an den Universitäten gebracht, die dem generellen Trend der entsprechenden Gesetzgebung in Europa in Richtung Autonomie entsprechen. In Anbetracht des kurzen Zeitrahmens seit Anwendung des UG 2002 sind die Auswirkungen des Gesetzes allerdings nur eingeschränkt abschätzbar. In weiten Teilen sind noch Strukturen vorhanden, die aus dem alten Gesetz stammen, und sich erst im Laufe der nächsten Jahre auflösen werden. In Anbetracht dieser Rahmenbedingungen und des Fehlens einer systematischen Evaluation sollen mit dem vorgesehenen Universitätsrechts-Änderungesetz nur sehr sparsame Änderungen vorgenommen werden. Maxime für Änderungen sollen (1) die Stärkung der Autonomie, (2) die Schaffung von Rahmenbedingungen für effektives und effizientes Forschen und Lehren sowie (3) der Abbau bürokratischer Strukturen (= Entlastung der WissenschaftlerInnen von unnötigen administrativen Aufgaben) sein.
Im langfristigen Verlauf wäre es erforderlich, eine Evaluierung der neuen Leitungs- und Verwaltungsstrukturen des UG 02 bezüglich ihrer Effizienz in der Unterstützung der Aufgaben der Universität in der Förderung der Wissenschaft und Forschung sowie der forschungsgestützten Lehre durchzuführen.
Zum Universitätsrechts-Änderungsgesetz:
Aufgaben des Ministerium bzw. der Bundesregierung – Zulassungsbedingungen
Im Universitätsgesetz 2002, ebenso wie im vorliegenden Änderungsgesetz, ist die Rolle des Ministeriums bzw. der Bundesregierung nur unzureichend definiert. Hier sollte in einer Präambel auf die langfristigen Vorstellungen unabhängig von parteipolitischen Interessen eingegangen werden. Die Entwicklungen im europäischen Raum sollten berücksichtigt werden, sowie prinzipielle Aufgaben, die das Ministerium übernehmen und auch im Zuge der Leistungsvereinbarungen durchzusetzen bereit sein muss, wie die Verantwortung für eine ausgeglichene Personalstruktur an den Universitäten, die auch für die nächste Generation von Wissenschaftlern Chancen bereit hält. Eine ausreichende Finanzierung für die Durchführung der Lehre und der für das Land zukunftsweisenden Forschung soll gewährleistet sein. Dies betrifft auch die Zulassungsbedingungen für Studien. Hier wird die Ermächtigung zur Verankerung qualitativer Zulassungsbedingungen für Master- und Doktoratsstudien (§ 64 Abs 4 und 5) begrüßt. Es fehlen jedoch Regelungen für Massenfächer, welche den Universitäten Planungssicherheit geben und international vergleichbare Bedingungen herstellen. Hier besteht die Gefahr, dass budgetäre Engpässe auf das Masterstudium verlagert werden.
Die notwendige Zurückhaltung des Bundesministeriums in den Detailfragen und Aufgaben, die im autonomen Bereich der Universitäten liegen, soll festgeschrieben werden.
Rektorat / Universitätsrat / Senat – Wahl des/r Rektors/in
Die Novelle des UG sieht weitreichende Änderungen im Bereich des Verhältnisses Universitätsrat zu Senat und zu Rektorat vor, vor allem bei der Wahl des Rektors. Hier soll größte Zurückhaltung geübt werden, da die Probleme, die in den letzten Jahren in diesem Bereich zu verzeichnen waren, völlig verschiedene Ursachen hatten und nicht durch eine einseitige Verschiebung der Kompetenzen in Richtung des Universitätsrates gelöst werden können. Eine Limitierung der Wiederwahlmöglichkeit des/r Rektors/in sollte überlegt werden. Z.B. soll ab der dritten Periode eine spezielle Begründung erfolgen oder Einstimmigkeit gegeben sein.
In Anbetracht des Einflusses des Universitätsrats soll dieser mit fachlich und moralisch hoch qualifizierten Personen besetzt sein (§ 21 Abs 3), deren unmittelbare politische Beeinflussung soweit wie möglich ausgeschlossen ist. Daher sollen die Mitglieder des Universitätsrats weiterhin durch die gesamte Bundesregierung bestellt werden (§ 21 Abs 6). Auch die vierjährige Sperrfrist für Inhaber politischer Funktionen soll unbedingt erhalten bleiben (§ 21 Abs 4).
Der Einrichtung einer Findungskommission (§ 23a) stimmt der UPV prinzipiell zu, diese könnte auch geeignet sein atmosphärische Störungen schon im Vorfeld zu beseitigen, Voraussetzung ist allerdings, dass diese Findungskommission paritätisch von Senat und Universitätsrat besetzt wird. Die Größe der Findungskommission soll von Senat und Universitätsrat einvernehmlich entschieden werden (zwischen 4 und 6 Mitglieder). Die Vorschläge dieser Kommission sollen nur empfehlenden Charakter haben.
Autonomie, budgetäre Maßnahmen
Die vorgesehene Einführung einjähriger „Gestaltungsvereinbarungen“ in Verbindung mit der Zurückhaltung einer 5%igen Budgetreserve untergräbt die im UG 2002 angestrebte Universitätsautonomie und würde zusätzlich zu einer deutlichen administrativen Mehrbelastung des Universitätspersonals führen, was die Leistungen in Forschung und Lehre einschränkt. Eine Erhöhung des Prozentualanteils der dem Ministerium möglichen budgetären Maßnahmen zur Berücksichtigung übergeordneter Interessen kann nur dann diskutiert werden, wenn gleichzeitig eine erhebliche absolute Erhöhung des Budgets der Universitäten erfolgt. Zurzeit ist der finanzielle Spielraum der Universitäten, um ihre Autonomie überhaupt leben zu können, sehr gering.
Nachwuchsförderung, Übergangsbestimmungen, § 99-Professuren
Die Einführung von § 99-Professoren in einem Zeitrahmen über die bisher maximal 2 Jahre hinaus findet die Unterstützung des UPV. Zur Sicherung der wissenschaftlichen Qualität sind jedoch einige Änderungen erforderlich, da die Regelung in § 99 Abs 3 auch die Möglichkeit gibt ein kompetitives Verfahren zu umgehen. Der UPV schlägt vor, das Instrument der § 99-Professuren noch umfassender zu nützen als im Entwurf des Universitätsrechts-Änderungsgesetzes derzeit vorgesehen:
1) § 99-Professur als Vertretungsregelegung
Die bisherige Regelung, dass § 99-Professoren für Vertretungszwecke (Gastprofessoren etc. für bis zu 2 Jahre) ohne Berufungsverfahren bestellt werden können, soll auch weiterhin möglich sein.
Die längerfristige Bestellung unter Abs 2 und 3 sollte mit einem im Aufwand etwas reduzierten Berufungsverfahren (kleines, jedoch kompetitives Berufungsverfahren) erfolgen. Die Entfristung dieser Stellen bzw. die Übernahme auf eine § 98-Professur setzt ein reguläres § 98 entsprechendes Berufungsverfahren voraus.
2) § 99-Professur als Übergangsbestimmung für Ao-Professoren
Die Übernahme von Ao-Professoren, deren Bestellung noch im alten Gesetz erfolgte, auf § 99-Professuren für 6 Jahre soll möglich sein um zu gewährleisten, dass diese Personengruppe nicht benachteiligt wird und diejenigen, die sich in einem kleinen Berufungsverfahren (siehe oben) qualifizieren, den § 98-ProfessorInnen dienstrechtlich gleich gestellt sind. Da nach dem neuen Gesetz keine Ao-ProfessorInnen mehr bestellt werden, soll dieser Paragraph zeitlich befristet sein (3 Jahre). Die Universitäten sollen innerhalb dieses Zeitraumes zu einer für die Beteiligten nachvollziehbaren qualitätsorientierten Lösung zu kommen. Die Einleitung eines kleinen Berufungsverfahren zur Übernahme auf eine § 99-Professur erfolgt ausschließlich auf Bewerbung des entsprechenden Personenkreises. Die Anzahl der zur Verfügung stehenden § 99-Stellen unter Punkt 2) sind im Entwicklungsplan der Universität nach Zustimmung durch den Universitätsrat festzuhalten.
3) § 99-Professoren als Instrument der Nachwuchsförderung
Um die Zeit zwischen Post Doc-Periode, Habilitation oder Erlangung einer gleichwertigen Qualifikation und der tatsächlichen Berufung auf eine Professur zu überbrücken, soll die Übernahme auf eine § 99-Professur für 6 Jahre möglich sein. Dies erfolgt im Zuge eines kleinen Berufungsverfahren (siehe oben) auf Bewerbung des/r Kandidaten/in. Die Anzahl der für diesen Zweck zur Verfügung stehenden § 99-Professuren und der damit verbundenen Budgetmittel sind im Entwicklungsplan nach Zustimmung des Universitätsrates festzuhalten.
Darüber hinaus soll zur Nachwuchsförderung sowie zur Qualitätssicherung in der Personalauswahl die Zeit als Studienassistent/in und Tutor/in in der Berechnung der Dauer der Arbeitsverhältnisse (Maximum derzeit 6 Jahre) nicht berücksichtigt werden (§ 109). Der Zeitrahmen für die Anstellung im Rahmen von Drittmittelprojekten soll deutlich erhöht werden.
Für den Verband der Österreichischen Universitätsprofessorinnen und –professoren
Bernhard Keppler, Vorsitzender