Stellungnahme des Verbands der Professorinnen und Professoren der österreichischen Universitäten (UPV) zum Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 und das Hochschul-Qulitätssicherungsgesetz geändert werden.
Der UPV begrüßt die Intention des Gesetzes, die gesamte PädagogInnenausbildung auf Masterniveau anzuheben und auch die Induktionsphase verpflichtend wissenschaftlich mit Lehrveranstaltungen zu begleiten. Im Detail finden sich jedoch einige Aspekte, die bei genauerer Betrachtung problematisch scheinen, unscharf bleiben und daher im Gesetz aus der Sicht des UPV zu adaptieren sind.
Qualitätssicherung bei der Umsetzung der Gesetzesänderungen und der Implementierung der neuen PädagogInnenbildung:
Für den UPV ist es eine zentrale Frage, ob das Gesetz so formuliert ist, dass die notwendige Qualität bei der Implementierung der PädagogInnenbildung gesichert ist. Die z.T. vagen Formulierungen bergen diesbzgl. Gefahren, von denen im Folgenden einige genauer ausgeführt werden:
Ad Masterniveau als Gesamtbasis:
Von der Intention des Gesetzes sollen Ausbildungsgänge unabhängig von der anbietenden Institution (dies betrifft die Bachelorstudiengänge) in vergleichbarer Weise wissenschaftlich fundiert sein. Wenn man die Personalstände von PHs und Universitäten vergleicht, so ist offenkundig, dass bzgl. Wissenschaftlichkeit hier eine hohe Diskrepanz besteht. Wie kann daher gesichert werden, dass an den PHs die Bachelor-Ausbildungen die notwendige wissenschaftliche Fundierung aufweisen und damit den AbsolventInnen den direkten Übergang in ein Masterstudium an einer Universität ermöglichen? Es kann keinesfalls ausreichen, dass LektorInnen von Universitäten für einzelne Lehrveranstaltungen „angeworben“ werden; denn damit ist keine entsprechende Forschungsver-ankerung in der Institution gegeben.
Die PHs können Masterstudiengänge nur in Kooperation mit Universitäten anbieten. Dies ist grundsätzlich zu begrüßen, jedoch ist zu fragen, ob quasi jede Universität hier als Partner möglich ist. An den österreichischen Universitäten besteht bereits ein Prüfungstourismus, bei dem „billige“ Scheine an ausländischen Universitäten erworben werden. Eine analoge Entwicklung sollte bzgl. der PädagogInnenbildung unbedingt verhindert werden.
Aus der derzeitigen Formulierung zum Masterniveau als Voraussetzung für eine dauerhafte Anstellung geht nicht eindeutig hervor, dass dies durch Kettenverträge nicht umgangen werden kann. Eine entsprechende Formulierung (im Dienstrecht) ist aber nötig, um die Umsetzung der Gesamt-intention hier nicht zu gefährden.
Ad Qualitätssicherungsrat:
Dem Qualitätssicherungsrat kommt in all diesen – im Gesetz nicht geklärten Fragen – eine zentrale Stellung zu. Daher ist es aus Sicht des UPV eine zentrale Voraussetzung, dass sämtliche Mitglieder nachweislich einschlägig wissenschaftlich ausgewiesen sind. Auch die Unabhängigkeit des Qualitätssicherungsrats muss gesichert sein. So erscheint es problematisch, wenn z.B. ehemalige MitarbeiterInnen von Ministerien in diesem Rat vertreten sind.
Der UPV fordert daher, dass sämtliche Mitglieder des Qualitätssicherungsrats nachweislich einschlägig wissenschaftlich ausgewiesen sind (wissenschaftliche Publikationen oder Ha-bilitation). Sofern ehemalige MitarbeiterInnen von Ministerien bestellt werden, sollte ihre Tätigkeit im Ministerium zumindest 5 Jahre zurück liegen.
Insbesondere wichtig sind auch die breite Offenlegung sowohl von Vorgehen als auch von Berichten und Stellungnahmen des Qualitätssicherungsrats in der gesamten einschlägigen Community und die damit gegebene Möglichkeit eines Diskurses.
Ad Evaluation der Implementierung:
Zur Prüfung und Sicherung der Qualität des gesamten Prozesses fordert der UPV, dass in das Änderungsgesetz die Evaluation der Implementierung des Gesetzes inklusive der Tätigkeit des Qualitätssicherungsrats nach 5 Jahren aufgenommen wird.
Diese Ergänzung sollte sowohl in das Änderungsgesetz bzgl. des Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz aufgenommen werden als auch in das Bundesgesetz, mit dem das Hochschulgesetz 2005 (HG) geändert wird.
Der UPV schlägt vor, einen derartigen Paragraphen direkt im Anschluss an die Beschreibung des Qualitätssicherungsrats zu platzieren.
Letztlich möchte der UPV darauf hinweisen, dass es, um die grundsätzliche Intention einer qualitätsvollen PädagogInnenbildung nachhaltig zu realisieren, nicht nur entsprechender Änderungen im LehrerInnendienstrecht bedarf, sondern letztlich auch einer Autonomie der Schulen, damit diese sowohl ihr Personal selbst auswählen können als auch entscheiden in Kooperation mit welcher anbietenden Institution sie ihre Fort- und Weiterbildung inklusive Schulentwicklung gestalten wollen.
Autonomie der Universitäten:
Ein weiterer Punkt betrifft die Autonomie der Universitäten. Die im §13 Abs 2 Z 1 geforderte „positive“ Stellungnahme des Qualitätssicherungsrats ist aus juridischer Sicht nicht verfassungskonform, da diese Regelung die Ermächtigung des Bundesministers, Leistungsvereinbarungen über ein Studium abzuschließen, durch einen Willensakt des Qualitätssicherungsrates einschränkt. Der UPV fordert daher die Streichung des Wortes „positiv“.
Professionsorientierte Kompetenzen:
Der UPV weist darauf hin, dass im Gegensatz zum Ministerratsvortrag im Entwurf des Bundesgesetzes, mit dem das Hochschulgesetz 2005 (HG) geändert wird, in dem nach § 42 neu einge-fügten Abs. 1a „Diversitäts- und Genderkompetenz“ nicht enthalten sind. Der UPV fordert, dass diese Kompetenzen aufgenommen werden.
Stellungnahme zu der verfassungsrechtlichen Problematik im Entwurf 506ME XXIV. GP, § 13 Abs 2 Z 1 lit n UG (von Gabriele Kucsko-Stadlmayer):
„n) in Bezug auf Studien für das Lehramt an Schulen bzw. Berufstätigkeiten an elementarpädagogischen Bildungseinrichtungen: Grundlage der Leistungsvereinbarung ist bei neu eingerichteten Studien eine positive Stellungnahme des Qualitätssicherungsrates für Pädagoginnen- und Pädagogenbildung.“
Diese Regelung beschränkt die Ermächtigung des Bundesministers, Leistungsvereinbarungen über ein Studium abzuschließen, durch einen Willensakt des genannten „Qualitätssicherungsrates“. Wenn dieser keine positive Stellungnahme abgibt, kann der BM – auch wenn er selbst das Studium für nötig hält – keine Leistungsvereinbarung darüber abschließen, der Universität also keine Mittel dafür gewähren. Mit dem Anknüpfen an das Begriffspaar „positiv/negativ“ wird der Qualitätssicherungsrat seinerseits zu einer Ja-Nein-Entscheidung über das neu einzurichtende Studium verpflichtet. Damit wird ihm im Ergebnis eine Zustimmungsbefugnis zu einem Akt des Bundesministers eingeräumt.
Diese Regelung ist in Hinblick auf die Stellung des Bundesministers als „oberstes Organ“ (Art 19 B-VG) bedenklich. Laut Verfassungsgerichtshof dürfen oberste Organe nicht an Willenserklärungen anderer Organe (Einvernehmen, Zustimmung) gebunden werden (VfSlg 2072, 2332, 6495, 6885, 6913, 12.183, 12.506, 12.843; vgl auch Mayer, Das österreichische Bundes-Verfassungsrecht. Kurzkommentar4, 2007, 151). So hat der VfGH etwa festgehalten, dass durch die Bindung der Landesregierung (als obersten Organs des Landes) an ein Gutachten eines Pflichtverbandes dieser die Stellung als oberstes Organ in verfassungswidriger Weise entzogen werde (VfSlg 7402). Dieses Erkenntnis ist für die vorliegende Konstellation maßgeblich.
Als zulässig erachtet wurde zwar die Bindung eines Bundesministers an einen „Antrag“ anderer Organe; dies jedoch nur dann, wenn es sich um einen Antrag auf Bescheiderlassung handelte – also einen für ein Verwaltungsverfahren nach AVG typischen Akt (VfSlg 17.101) – oder wenn der Antragsteller in Durchsetzung bestimmter Interessen tätig wird, zu deren Wahrnehmung er gesetzlich berufen ist (so VfSlg 17.137). Beides liegt im vorliegenden Fall nicht vor. Das Gutachten des Qualitätssicherungsrates ist kein Antrag, und der Rat ist auch nicht zur Interessenvertretung berufen. Er soll vielmehr ein Qualitätsurteil abgeben, das angesichts der vielen zu berücksichtigenden Aspekte nur dann von Wert ist, wenn es auch differenziert ausfallen kann. Außerdem ist es dem Konzept der Zuteilung von Budgetmitteln im Weg der Leistungsvereinbarung nicht adäquat, wenn die Expertenmeinung des Qualitätssicherungsrates „monopolartig“ für allein maßgeblich erklärt wird und dem Bundesminister die Berücksichtigung anderer auch noch so fundierter Fachmeinungen verwehrt. Letztlich muss der Bundesminister neben der Qualität der anzubietenden universitären Leistungen auch universitäts- und bildungspolitische Ziele berücksichtigen, zu denen das Gutachten nicht Stellung nimmt. Zur Sicherung der Verantwortlichkeit des Bundesministers muss es diesem daher möglich bleiben, das Gutachten seiner Entscheidung zwar zu berücksichtigen, aber auch korrigierend einzuschreiten und es mit abweichenden Fachurteilen oder politischen Zielen abzuwägen. Überdies muss er auch ein differenziertes, nicht eindeutig positives Gutachten würdigen und verwerten können. All dies schließt § 13 Abs 2 Z 1 UG in der vorgeschlagenen Fassung aus. Er regelt also keine Konstellation, die vom Verfassungsgerichtshof für zulässig gehalten wird.
Die Regelung wäre nur dann verfassungskonform, wenn das Wort „positive“ gestrichen würde. In diesem Fall verbliebe dem Bundesminister ein Spielraum zur Würdigung des Gutachtens des Qualitätssicherungsrates und könnte er auch andere ihm einschlägig erscheinende Fachinformationen, Expertenmeinungen sowie universitäts- und bildungspolitische Zielsetzungen mit berücksichtigen.